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Newsroom – Rupert Sommer

„Esquire“ und die neue Männlichkeit – wie Dominik Schütte eine ganze Kategorie neu auflädt

„Esquire“ und die neue Männlichkeit – wie Dominik Schütte eine ganze Kategorie neu auflädt Dominik Schütte (Foto: Doug Inglish)

Der Chefredakteur erklärt , wie „Esquire“ klassische Männerbilder hinterfragt, neue Rollenbilder ins Blatt bringt und journalistische Konzepte für Print und Digital weiterentwickelt.

München – Ein Marken-Aufbau wie aus dem modernen Medien-Schulbuch: Gestartet zunächst online, behauptet sich „Esquire“ als Print-Titel mit einem Gesamtverkauf von bis zu 36.500 Heften auf einem umkämpften Markt, berichtet „kress pro“. Esquire.de zählt zudem zu den am stärksten wachsenden Portalen im Markt – mit einem Plus von 148 Prozent im Jahresvergleich der Monate Januar bis August. Mit einer digitalen Reichweite von 3,1 Mio. Visits (IVW 08/25) ist die Hubert-Burda-Media-Marke führend im digitalen Lifestyle-Angebot für Männer. Auf TikTok kommt „Esquire“ auf 16 Mio. Views und 160.000 Follower – ein Wachstum von 46 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.


Dominik Schütte über die Ausrichtung von „Esquire Germany“

Im deutschen Markt werden Männer- und Modetitel oft nicht gerade mit offenen Armen umarmt. Und es gibt noch Titel, in denen man den Macho-Muff und den Zigarrenrauch überholter Zeiten weiter zu erschnüffeln glaubt. Haben Sie den Versuch eigentlich jemals bereut, sich mit „Esquire“ in diese Welt zu wagen?
Dominik Schütte: Auf gar keinen Fall.


Was gibt Ihnen Gewissheit, aufs richtige Pferd gesetzt zu haben?
Ich kann mit Überzeugung sagen: Esquire ist mein Traumjob. Ich war ja lange unter anderem bei „GQ“ und „Neon“, habe also andere Lifestyle-Titel kennengelernt, vom klassischen Männermagazin bis hin zu einem Titel, der eine junge, progressive Zielgruppe anspricht. „Esquire“ in Deutschland verbindet das Beste aus beiden Welten: Elemente klassischer Männer-Lifestyle-Magazine mit einem modernen, inklusiven und digitalen Ansatz. Genau dieser Anspruch macht die Marke so spannend und relevant.


Soll heißen?
„Esquire Germany“ ist sehr viel jünger angesiedelt, als man das damals erwartet hätte.


Warum Luxusprodukte für die Zielgruppe funktionieren
Haben die jungen Männer überhaupt das nötige Taschengeld, sich die schönen Anzeigenobjekte zu leisten, die Sie ihnen im Magazin vor die Nase halten?
„Esquire“ ist eine Aspirational Brand. Unsere Leser und Leserinnen stört es nicht, wenn im Magazin eine Uhr 30.000 Euro kostet. Im Gegenteil. Sie sagen: Cool, kann ich mir nicht leisten – noch nicht! Sie lassen sich gerne inspirieren. Natürlich wissen auch die Werbekunden, dass sie bei „Esquire“ gut aufgehoben sind, weil unser Publikum keine Berührungsängste mit exklusiven Produkten oder High-End-Marken hat.


Sprache, Inklusion und Tonalität als Markenkern
In den fünf Jahren seit Ihrem Marken-Start hat sich die Welt wieder ein wenig verändert – teilweise auch mit einem kulturgesellschaftlichen Rückschlag in einer Welt, die man eigentlich für beendet gehalten hatte. Wie leicht ist es noch, die Fahne der „guten Typen“, die Sie auf dem Cover ansprechen, aufrechtzuerhalten?

Wir sind ja nicht voll in den Kulturkampf eingestiegen. Wir haben „Esquire“ von Anfang an als friedensstiftende Brand gesehen.


Wie meinen Sie das mit Blick auf Ihre Tonalität?
Ich möchte auch die im besten Sinne konservativen Jungs nicht abschrecken. Gleichzeitig glaube ich schon, dass „Esquire“ sehr konservative Männer herausfordert. Aber das soll ja bitte auch die Aufgabe eines guten Mediums sein. Ich denke aber nicht, dass wir die Leute vor den Kopf stoßen. Die Sprache, die wir wählen, ist vermutlich das beste Beispiel dafür.

 

Inwiefern?
„Esquire“ klingt modern, weil die Sprache inklusiv ist, was mir von Beginn an wichtig war – und auch weiter wichtig sein wird, ganz egal, wie sich der sogenannte Kulturkampf weiterentwickelt. Inklusiv bedeutet für mich nicht nur Offenheit in eine Richtung. Jeder, der sich für männlich konnotierte Themen interessiert, soll und darf sich in „Esquire“ wohlfühlen.


Tonic Masculinity: Das neue Rollenbild für Männer
In den Medien kursieren aber auch wieder ganz andere Rollenmuster als noch vor fünf Jahren.
Ich glaube nicht, dass wir deswegen hierzulande die Machos und den Schulhof-Schläger zurückkehren sehen. Aber dieser Typ findet auf jeden Fall medial wieder Beachtung – leider. Zuletzt hatten wir einen tollen Text auf Esquire.de. Er handelt von „Tonic Masculinity“, einem Gegenentwurf zur „Toxic Masculinity“, der in den Sozialen Medien gerade viel Beachtung findet. Dabei spielen Eigenschaften wie emotionale Intelligenz, Empathie und die Fähigkeit, gesunde Beziehungen zu führen, eine Rolle. Das ist die nächste Evolutionsstufe.


Welche Männer entsprechen für Sie diesem Typus?
Zum Beispiel Travis Kelce, der Partner von Taylor Swift. Tom Holland, Callum Turner, der Schauspieler Pedro Pascal. Das sind Jungs, die im Kino auch ganz harte Typen spielen können. Aber auf dem roten Teppich ist Pedro Pascal der „Ally“, die verlässliche Stütze seiner transgeschlechtlichen Schwester. Für diese Männer – und für ganz viele junge Männer heutzutage – scheint es selbstverständlich zu sein, dass man beides sein kann: Du darfst einen alten Porsche fahren und kannst trotzdem in einem Bookclub auf TikTok sein, in dem vorrangig Frauen unterwegs sind. Beides schließt sich nicht aus. Die These von „Esquire“ ist, dass es eine große Chance auf ganz viel Freiheit gibt. Ich möchte, dass „Esquire“ nicht ideologisch ist.


Wie „Esquire“ mit Events gute Geschäfte macht und die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr um 150 Prozent steigern konnte.


Must-Reads im aktuellen „kress pro“

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  • Die Widersprüche des Wolfram Weimer: Vom Bewahrer des Urheberrechts und Big-Tech-Kritiker zum Copy-and-Paste-Verleger: Der Staatsminister für Kultur und Medien gerät mit dubiosen Autorenlisten und wirtschaftlichen Verflechtungen in Erklärungsnot. So stehen Google und Meta auf der Sponsorenliste seines Verlags

 

 

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