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Heftiger Streit zwischen Steingart und Spiegel

Heftiger Streit zwischen Steingart und Spiegel Gabor Steingart

Die Tonlage ist außergewöhnlich scharf: Es fallen Worte wie „Größenwahn“, „Realitätsverlust“, „Falschaussagen“, „Medien-Scharlatan“ und „Märchenstunde“. Der „Spiegel“ greift in seiner aktuellen Ausgabe Gabor Steingart an. Der Media-Pioneer-Gründer und ehemalig„Spiegel“-Hauptstadtbüroleiter wehrt sich.

Berlin – „Wenn sich Größenwahn und Realitätsverlust paaren: meine Kollegen Simon Book und @antonrainer im neuen @derspiegel über Medien-Scharlatan @gaborsteingart. Demnächst digital abrufbar und ab morgen als Heft. Lohnt sich“, twittert „Spiegel“-Korrespondent Tim Bartz am vergangenen Freitagvormittag.

 

Am Freitagnachmittag erscheint die Spiegel-Story Die unbequeme Wahrheit über den Medienmacher Gabor Steingart. Im Teaser heißt es: „Mit einem Redaktionsschiff auf der Spree wollte er den Journalismus neu erfinden. Doch das Geschäft läuft schleppend. Und seine apokalyptischen Thesen verschrecken Redakteure und Unterstützer.“ 

 

Die Autoren sind Simon Book und Anton Rainer. Book war Redakteur bei der „Financial Times Deutschland“, wechselte 2013 als Reporter zum „Handelsblatt“ – damals noch unter der Ägide von Gabor Steingart. Seit Juli 2020 ist Book im Wirtschaftsressort des „Spiegel“ in Berlin tätig.

 

Via Twitter gratuliert die „manager magazin“-Korrespondentin Angela Maier Tim Bartz und dem „Spiegel“ zu einem „sehr gut recherchierten Artikel“ über Gabor Steingart – und schreibt weiter: „Heikel finde ich nur, dass Simon Book nach dem Ende der „FTD“ 2013 ausgerechnet zum „HB“, also jenem @gaborsteingart wechselte. Die meisten bei der FTD wussten schon damals, wie er einzuschätzen ist. Jedenfalls Du und ich.“

 

Simon Book antwortet ihr: „Nun ja, liebe @AngelaFMaier 1.: So offensichtlich fand ich es damals nicht. 2.: beschreibt der Text so etwas wie eine Eskalation des Modells. 3.: beschäftigen wir uns ja vor allem mit der Person GST. Du wirst ja kaum alle, die je mit ihm gearbeitet haben dafür in Sippenhaft nehmen.“

 

Der „Spiegel“ beleuchtet in seinem Steingart-Artikel das Geschäftsmodell der neuen Medienmarke „ThePioneer“. Es werde viel Lärm darum gemacht, aber es habe wenig Substanz. So heißt es im Text: „Steingart inszeniert sich als letzten Aufrichtigen der Branche, ganz so, als wären die Qualitätsmedien, deren Teil er lange war, Hörige von Politik und Wirtschaft. Dabei ist all der Lärm wohl eher ein Versuch, das wankende Geschäftsmodell zu retten.“ Steingart sei bei der Suche nach finanziellen Unterstützern für „ThePioneer“ bei einigen Wirtschafts- und Politikgrößen abgeblitzt, behauptet der „Spiegel“.

 

Um Gönner werbe Steingart mit dem Slogan „100 Prozent Journalismus. Keine Märchen“. Doch Steingart vermische, was getrennt gehöre – Geschäft und Journalismus. Schon zu „Handelsblatt“-Zeiten sei Steingart im Ruf gestanden, Journalismus und Geschäft bisweilen gefährlich zu verquicken, schreiben die „Spiegel“-Autoren Simon Book und Anton Rainer. 

 

Weiter steht im „Spiegel“: F„reunde und Weggefährten berichten, Steingart leide unter dem eigenen Bedeutungsverlust und dem ausbleibenden kommerziellen Erfolg. Umso lauter werde er. In der Redaktion wächst derweil der Unmut über die publizistischen Eskapaden des Herausgebers, die oft hart an der Grenze zur Verschwörungstheorie liegen.“

 

Gabor Steingart meldet sich als Reaktion auf die „Spiegel“-Story an diesem Montag in eigener Sache auf „ThePioneer“ zu Wort: „Der ,Spiegel‘ kritisiert in einem Artikel die Idee und das Geschäftsmodell von ,ThePioneer‘. Der Text ist eine Mischung aus Erfindungen, Gerüchten und Falschaussagen. Hier die Fakten“, leitet Steingart seinen Beitrag ein. Er listet 10 Punkte auf und stellt immer wieder Passagen aus dem Spiegel „richtig“. 

 

Unter anderem erwidert der Media-Pioneer-Gründer: „Gabor Steingarts Projekte beim ,Handelsblatt‘ verschlangen Millionen, heißt es im ,Spiegel‘. Richtig ist: Den hohen Investitionen folgten hohe Erträge. Auch beim Jahresabschluss 2018, der das letzte gemeinsame Jahr von Dieter von Holtzbrinck und Steingart bilanziert, hat das Führungsteam (der Finanzchef der Handelsblatt Media Group war übrigens der heutige CEO von Media Pioneer, Ingo Rieper) die ambitionierten und mit dem Verleger vereinbarten Ergebnisziele erreicht.“

 

Zudem schreibe der „Spiegel“ – mit Blick auf Media Pioneer – von „ausbleibendem kommerziellem Erfolg“. Das Gegenteil sei richtig: Der Morning Briefing Podcast rangiere in der Kategorie Politik/Nachrichten seit einem Jahr auf Platz 1 der Apple Podcast-Charts. Wöchentlich erziele dieser Podcast rund 750.000 Streams. Den Morning Briefing Newsletter lesen laut Steingart werktäglich mehr als 400.000 Menschen, auch deshalb, weil mittlerweile andere Medienunternehmen, Hubert Burda Media, United Internet und Bloomberg zum Beispiel, die Inhalte auf ihren Plattformen teilten. Der vom Start weg kostenpflichtige Politik-Newsletter „Hauptstadt. Das Briefing“ sei binnen weniger Monate zur Pflichtlektüre für rund 4.000 politische Entscheider geworden, „Tendenz schnell wachsend“. Neben den Reichweite-Zielen seien auch die kommerziellen Ziele bislang erreicht worden, stellt Steingart klar – und wird im Ton noch schärfer.

 

Im „Spiegel“ sei von einem „wankenden Geschäftsmodell“ die Rede: „Das ist eine falsche und daher geschäftsschädigende Behauptung, die durch keinerlei Fakten gedeckt ist. Im Text unternimmt der ,Spiegel‘ nicht einmal den Versuch, diese Kernthese der Story durch Fakten zu belegen. Die Wahrheit ist: Media Pioneer ist eine der wenigen Medienfirmen, die auch im dritten Quartal bei Umsatz, Ebitda und Abonnementerlösen den Plan erfüllt hat, trotz Covid-19. Die internen Planzahlen für die Abonnentengewinnung in 2021 werden aufgrund dieses Erfolges um rund 25 Prozent angehoben.“