Vermischtes
DPA/Von Sophia-Caroline Kosel

Mit dem «Kamasutra» und dem «Garten der Lüste» gegen die Grossen

Auf knapp 20 Quadratmetern setzt die gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau Nadin Thunack seit einem Jahr in Leipzig erotische Literatur in Szene - und behauptet sich damit gegen Hugendubel, Thalia und Co.

Leipzig (dpa) - Mit dem «Kamasutra» und dem «Garten der Lüste» will Nadin Thunack den großen Buchhandlungen wie Hugendubel, Thalia und Co. Paroli bieten. Auf knapp 20 Quadratmetern setzt die gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau seit einem Jahr in Leipzig erotische Literatur in Szene. «Schon seit Jahren spukte mir eine eigene Buchhandlung im Kopf», erzählt sie. «Aber als kleiner Laden muss man sich spezialisieren. Sonst kann man mit den Großen nicht mithalten.» Mit dieser Erkenntnis ist die Besitzerin des Ladens «Übersinnlich» nicht allein: Ob Frauenbücher, Krimis oder linke Literatur - viele kleine Buchhändler in ganz Deutschland haben sich Nischen gesucht.

«Der Konzentrationsprozess im Sortimentsbuchhandel hat im vergangenen Jahr an Fahrt gewonnen und wir denken, dass er noch nicht zu Ende ist», sagt Claudia Paul, Sprecherin vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Der Umsatzanteil der Buch-Filialisten stieg von 13 Prozent im Jahr 2000 auf nun 20 Prozent; Tendenz weiter steigend. Marktforscher gehen davon aus, dass im Jahr 2010 rund 29 Prozent des Umsatzes von den großen Buch-Ketten erzielt werden.

«Die Chance kleiner Buchläden liegt darin, sich zu spezialisieren», sagt Paul. «Sie müssen etwas anbieten, was die Leser in großen Häusern nicht bekommen.» Auch der persönliche Kontakt sei ein wichtiges Kriterium. «Der Buchhändler um die Ecke ist wie ein guter Freund, der einem Bücher empfiehlt.»

Er habe einige Kunden, die eine persönliche Beziehung zu ihm schätzen, berichtet Sven Conrad, Chef im «Casa Libri» (Leipzig). Wenige hundert Meter vom «Übersinnlich» entfernt bietet der promovierte Archäologe in einem frisch sanierten Gründerzeithaus auf 30 Quadratmetern ausgewählte Belletristik, Lyrik, Kinder- und Hörbücher sowie Kunstpostkarten, Lesezeichen und hochwertige Notizbücher. «Es soll nicht die Allerweltsbuchhandlung sein», sagt er. «Ich kann nur ein ganz spezielles Interesse bedienen. Das ist einerseits eine Chance, andererseits ein Problem: Man spricht damit nur eine eingegrenzte Kundschaft an.»

Eines der Hauptprobleme der Kleinen in der Branche ist die Werbung. «Sie ist extrem teuer», sagt die Erotikbuch-Händlerin, die vor allem auf Mund-zu-Mund-Propaganda setzt. «Wir haben nicht so viele finanziellen Möglichkeiten wie die Großen», sagt Conrad. Zudem könnten die Großen ihre Marktmacht ausnutzen und bei den Verlagen Rabatte aushandeln. «Zusätzlich müssen wir uns noch gegen den Buch- Verkauf im Internet behaupten», sagt Conrad, der im November 2005 als «Self-Made-Man» zum Buchhändler umsattelte.

In der Leipziger «Connewitzer Verlagsbuchhandlung» finden die Kunden auf zwei Etagen in großen Holzregalen deutschsprachige Belletristik und eine große Auswahl englischsprachiger Werke sowie Gay-Literatur, das verlagseigene Programm und Schallplatten mit alter Musik aus Osteuropa. «Wir versuchen, nicht das zu tun, was die Großen machen», sagt Inhaber Peter Hinke, der sich 1990 als Buchhändler selbstständig machte.

In den Laden und die nahe gelegene Filiale «Wörtersee» kommen vorwiegend Studenten und Bildungsbürgertum, erzählen die Besitzer. «Vor allem im Sommer sind auch die Touristen wichtig», sagt der 40- jährige Hinke, der auch einen Verlag hat. «Der Verlag ist für uns wie Werbung. Wir hätten nie Geld, Anzeigen im größeren Stil zu schalten.» Auf den Druckpressen dürfen auch Studenten der nahen Hochschule für Grafik und Buchkunst kleine Werke produzieren. Die Heftchen oder Plakate gibt es dann im «Wörtersee» zu kaufen. Und trotz seines Ideenreichtums meint Hinke: «Bei uns geht es am Ende des Jahres immer darum, das nächste Jahr zu erreichen.»

Internet: www.uebersinnlich.com; www.casa-libri.de; www.cvb.de; www.boersenverein.de