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Solingen: Mathias Döpfner räumt Fehler zu Bild-Berichterstattung ein

Solingen: Mathias Döpfner räumt Fehler zu Bild-Berichterstattung ein Mathias Döpfner

Die „Bild“-Zeitung erntet im Netz viel Kritik für veröffentlichte Chatnachrichten in ihrer Berichterstattung über die getöteten Kinder in Solingen. Springer-Chef Döpfner nutzt seine Rede auf dem Zeitungsverleger-Kongress, um Fehler einzuräumen.

Berlin (dpa) − Der Vorstandsvorsitzende des Medienkonzerns Axel Springer, Mathias Döpfner, hat Fehler in der „Bild“-Berichterstattung zu den getöteten Kindern in Solingen eingeräumt. „Wir haben Fehler gemacht bei Axel Springer: „Bild“ hat WhatsApp-Nachrichten eines Kindes, das überlebt hat, in einem Artikel eins zu eins veröffentlicht. Wir haben den Schutz von Minderjährigen in diesem Fall eindeutig missachtet“, sagte Döpfner als Präsident des Zeitungsverlegerverbands BDZV am Dienstag auf dessen Kongress.

 

Andere Medien hätten zu Recht diese Grenzüberschreitung kritisiert, betonte Döpfner weiter. „Manche, obwohl sie selbst auch ausführlich aus den privaten Nachrichten des Jungen zitiert hatten. „Bild“ zog den Artikel schnell zurück. Und auch andere Medien haben ihre Berichte angepasst.“ Der Springer-Chef führte weiter aus, dass man intern viel und sehr kritisch über diesen Vorgang diskutiert habe. 

 

„Wir wollen und wir müssen das in Zukunft besser machen. Vielleicht kann ja dieser Fall Anlass sein für eine breite Debatte über Standards und Werte im Spannungsfeld zwischen der Freiheit der Presse auf der einen Seite und dem berechtigten Schutz von Persönlichkeitsrechten.“

 

Anfang September waren in einer Wohnung im nordrhein-westfälischen Solingen fünf tote Kinder gefunden worden. Die 27 Jahre alte Mutter steht unter Verdacht, sie getötet zu haben. Nur ihr elfjähriger Sohn blieb am Leben. Die „Bild“ erntete später viel Kritik, weil die Zeitung aus den Chatnachrichten des Jungen zitiert hatte, die dieser nach dem Tod der Geschwister geschrieben hatte.

 

Auf dem Kongress ging es auch um die geplante staatliche Förderung der Branche. Der Bundestag hatte im Sommer eine Millionenhilfe für digitale Transformation in Verlagen beschlossen − das konkrete Konzept gibt es aber noch nicht. Die Tageszeitung kaufen, ohne Mehrwertsteuer zu zahlen − diese Idee brachte Döpfner in seiner Rede ein. Eine geeignete Form von Hilfe „und vielleicht überhaupt die ordnungspolitisch sauberste, wäre eine dauerhaft geringere oder noch besser gar keine Mehrwertsteuer für Medienprodukte.“ Bislang gilt ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz auf digitale Zeitungen − also E-Paper.

 

Im Juli hatte der Bundestag eine maximale Förderung von 220 Millionen Euro auf mehrere Jahre verteilt für Presseverlage beschlossen. Die Hilfen zielen auf die Förderung der digitalen Transformation des Verlagswesens ab, um Absatz und Verbreitung von Abo-Zeitungen, -zeitschriften und Anzeigenblätter zu unterstützen. Eine bereits im November vom Bundestag beschlossene Förderung für die Zustellung von Tageszeitungen und Anzeigenblättern wird es hingegen doch nicht geben.

 

Döpfner betonte in seiner Rede: Wie sich die geplante Förderung im Detail ausgestalten werde, verfolge man in den nächsten Wochen genau. Er machte klar: „Logistik- und Technologieförderung ist denkbar. Direkte Verlagsförderung pauschal und ohne klare Kriterien und Grenzen ist es nicht.“ Für ihn persönlich sei eine rote Linie überschritten, wenn der Staat redaktionelle Leistungen direkt oder indirekt fördere. „Das darf nicht passieren.“

 

Zeitungen und Zeitschriften in Deutschland verzeichnen seit vielen Jahren insgesamt gesehen sinkende Auflagen. Für problematisch halten Zeitungsverlage den Bereich Logistik: Es wird demnach immer unwirtschaftlicher, die gedruckte Zeitung bei sinkenden Auflagen bis in die kleinsten Dörfer täglich auszutragen. Die Verlage führen hier auch gestiegene Kosten durch den Mindestlohn an. In der Medienbranche vollzieht sich zugleich seit Jahren eine digitale Transformation. Digitaler Journalismus hat an Bedeutung gewonnen.

 

Der Zeitungskongress behandelte auch die Themen Haltung im Journalismus, Meinung und Fake News. Die neue Chefredakteurin der „Süddeutschen Zeitung“, Judith Wittwer, sagte im Gespräch mit dem Moderator und Chefredakteur der „Augsburger Allgemeinen“, Gregor Peter Schmitz: Die Aufgabe als Medien sei es, keine Denkverbote zu haben. Die Aufgabe sei es, „in ein Gespräch zu kommen“. 

 

Sie griff im Verlauf auch das Format des Streitgesprächs auf. „Wir sollten nicht einfach Plattformen bieten, sondern wir sollten inhaltlich uns mit den Positionen auseinandersetzen. Und gerade, wenn es um extremere Positionen geht − die eben vielleicht auch Falschaussagen beinhalten könnten − scheint mir ein Streitgespräch, das eben auch auf die Widersprüche hindeutet, eine gute Form zu sein. Um eben auch andere Perspektiven ins Blatt zu rücken, ohne ihnen eine Plattform zu bieten.“ 

 

Der Kongress wurde wegen der Corona-Krise zum ersten Mal im Internet abgehalten. Die meisten Medienexperten des Programms wurden mit Clips zugeschaltet. Döpfner, der am Vortag in seinem Amt als Verbandspräsident für eine zweite Amtsperiode wiedergewählt worden war, ging auch auf das Thema Plattform-Regulierung ein. In der Branche gibt es schon lange die Forderung, dass US-Riesen wie Google und Facebook mit Blick auf die Medienbranche stärker in die Pflicht genommen werden sollen. 

 

Döpfner verwies auf Australien, dessen angedachtes Regulierungs-Modell die Verlage stärke. Bei dem geplanten Mediengesetz sollen Internet-Größen künftig für Nachrichten zahlen, die sie von den traditionellen Medien übernehmen. Das Vorhaben ist zugleich umstritten − Facebook etwa wehrte sich zuletzt gegen spezielle Passagen, wonach im Streitfall eine Art Schiedsrichter eine Höhe für die Zahlung festlegen kann. Döpfner warb dafür, die weitere Entwicklung in dem Land zu beobachten.

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