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dpa

Sorge um Pressefreiheit in Russland: „Kommersant“-Redakteure kündigen

Mehr als 200 Mitarbeiter unterschrieben außerdem einen offenen Brief, in dem sie Druck auf ihre Arbeit als unabhängige Journalisten beklagten.

Moskau (dpa) − Aus Protest gegen Verstöße bei der Pressefreiheit in Russland haben mehrere Politikredakteure die angesehene Tageszeitung „Kommersant“ verlassen. Mehr als 200 Mitarbeiter unterschrieben außerdem einen offenen Brief, in dem sie Druck auf ihre Arbeit als unabhängige Journalisten beklagten. Sie informierten die Zeitungsleser darüber, dass es vorläufig in der Zeitung keine Berichte mehr über die russische Innenpolitik geben werde. „Diese erzwungene Pause gibt es das erste Mal in der 30-jährigen Geschichte des Verlagshauses“, hieß es in der bei Facebook veröffentlichten Erklärung.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) sieht das renommierte Blatt in Gefahr. Der „Kommersant“ sei eines der letzten russischen Massenmedien, das seine redaktionelle Unabhängigkeit verteidige und hochwertigen Journalismus produziere. HRW-Expertin Rachel Denber kritisierte am Mittwoch, dass nach dem Fernsehen nun schon seit 2012 russische Zeitungen und Internetportale zunehmend auf Kreml-Linie gebracht würden.

Der Protest richtete sich gegen die Entlassung der zwei angesehenen „Kommersant“-Journalisten Iwan Safronow und Maxim Iwanow. Die beiden hatten zum Ärger der Föderationsratschefin Valentina Matwijenko − die als „mächtigste Frau Russlands“ gilt − geschrieben, dass die 70-Jährige künftig den Rentenfonds leiten werde. An ihre Stelle sollte demnach der Chef des Auslandsgeheimdienstes SWR, Sergej Naryschkin, treten. Matwijenko hatte das zurückweisen lassen. Die Journalisten wollten ihre Quellen nicht preisgeben.

Der kremlnahe Oligarch und „Kommersant“-Eigentümer Alischer Usmanow ließ zurückweisen, dass er auf die Berichterstattung Einfluss nehme. Doch die Mitarbeiter zeigten sich überzeugt, dass die Initiative zur Entlassung der beiden Autoren von ihm ausgegangen sei. Der Kreml teilte zu dem Fall mit, dass er zwar nicht mit allem einverstanden sei, was die Zeitung schreibe, die Journalisten aber schätze und sich in die Angelegenheiten des „Kommersant“ nicht einmische. Die Zeitung hat eine Auflage von rund 86 000 Exemplaren.