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Brasilien: In Corona-Krise haben Aggressionen gegenüber Journalisten noch einmal zugenommen

Reporter ohne Grenzen sieht die Pressefreiheit in Brasilien so gefährdet wie noch nie seit dem Ende der Militärdiktatur im Jahr 1985.

Berlin – Reporter ohne Grenzen (RSF) sieht die Pressefreiheit in Brasilien so gefährdet wie noch nie seit dem Ende der Militärdiktatur im Jahr 1985. In der Corona-Krise haben die Aggressionen gegenüber Medienschaffenden noch einmal zugenommen. Präsident Jair Bolsonaro heize die Stimmung teilweise täglich über Verbalattacken auf Medienvertreterinnen und Medienvertreter systematisch auf, so RSF. Einige Medien schickten deshalb aus Sicherheitsgründen keine Berichterstattenden mehr zu Terminen mit dem Präsidenten. „Er und sein Umfeld verbreiten zugleich Desinformationen über die sozialen Medien, vorübergehend wurde die offizielle Herausgabe von Zahlen zur Corona-Pandemie eingestellt“, sendet die Journalistenorganisation aus.

 

„Bolsonaros Ziel ist klar: Er will die Medien zum Schweigen bringen, die öffentliche Debatte kontrollieren und von Problemen ablenken, die sonst öffentlich diskutiert würden“, sagte Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen. „Medienschaffende müssen ohne Angst und aus eigener Anschauung über das politische Geschehen berichten können. Nur unabhängiger Journalismus kann der Bevölkerung helfen, die Desinformationskampagnen von Bolsonaro und seinem Umfeld als solche zu erkennen. In der Corona-Epidemie, die Brasilien immer noch fest im Griff hat, kann das lebenswichtig sein.“

 

Am Abend des vergangenen Freitags (5. Juni) erklärte die Regierung, keine Gesamtzahlen von Corona-Infektionen und -Todesfällen mehr herauszugeben, sondern nur noch die täglichen Zuwächse. Die Entscheidung sowie die Tatsache, dass dies erst nach Ende der Abendnachrichten kommuniziert wurde, wurde von vielen Seiten kritisiert. Das Oberste Bundesgericht wies daraufhin die Regierung unter Verweis auf deren Informationspflicht an, die Entscheidung rückgängig zu machen, was diese am Dienstag (9. Juni) tat. Ein Richter des Obersten Gerichts erklärte, die Manipulation von Daten sei eine Taktik autoritärer Regime.

 

Als Reaktion auf diese Informationsblockade der Regierung hatten die Medien Folha de S. Paulo, UOL, Estadão, Extra, O Globo und G1 am Montag (8. Juni) erklärt, eine Partnerschaft zur Verbreitung von Daten über Infektionen und Todesfälle durch das Coronavirus einzugehen.