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Die Erbin: Holland in Not

Die Augsburger Mediengruppe Pressedruck in Turbulenzen: Weil die Verlagsspitze zu den anstehenden Veränderungen schweigt, steigt in der Redaktion der Ärger über die Erbinnen. Die Mitarbeiter erwarten vor allem von Alexandra Holland klare Worte. Doch die flüchtet sich in die Vorbereitungen des Augsburger Presseballs.

Augsburg - Es ist eine seltsame Allianz, die sich da gefunden hat, um die von Alexandra Holland vorgegebene Marschrichtung durchzusetzen. Während Verlagsleitung und Chefredaktion über die Berichterstattung von NEWSROOM schimpfen, Chefredakteur Walter Roller vor der Redaktion sogar über ein "Schmierentheater übelster Art" zetert, werden die Mitarbeiter im Unklaren gelassen, die Entscheider hüllen sich in Schweigen, es herrscht "Totenstille". Und selbst vom Betriebsrat gibt es keine klärenden Worte, keinen einordnenden Brief an die Kollegen, nichts. Lediglich eine Einladung zu einer Betriebsversammlung, ohne Tagesordnung, ohne Rednerliste.

Ob es die erhofften offenen Worte bei der in dieser Woche eilig einberufenen Mitarbeiterversammlung am 26. November dann tatsächlich geben wird?

Fakt ist, dass bereits am 12. November, also am kommenden Montag, bei der Gesellschafterversammlung die Leitungen der einzelnen Sparten über die Entwicklungen in ihrem Unternehmensbereich berichten müssen. Der "Main-Post", die in Gänze zum Pressedruck-Konzern gehört, geht es gut, der "Südkurier", an dem Stefan von Holtzbrinck und seine Halbschwester Monika Schoeller noch 49 Prozent halten, leidet stärker am Anzeigenschwund.

Dramatisch sei die Situation aber lange nicht, sagt ein Kenner. Der Reingewinn war 2011 weiterhin zweistellig, einige sprechen von 18, andere sogar noch von 21 Prozent - und das bei einem Umsatz von rund 160 Millionen Euro.

Eine NEWSROOM mehrfach zugesagte Stellungnahme zu den Entwicklungen in der Mediengruppe Pressedruck, dem achtgrößten Tageszeitungshaus Deutschlands, hat die Stabsstelle Kommunikation am Ende lapidar abgelehnt. Manche Verlage versuchen im Jahr 2012 noch zugeknöpfter zu sein als vor zehn Jahren - ein unmögliches Unterfangen im digitalen Zeitalter.

Die aktuelle Situation

Bei einer Redaktionsversammlung am Abend des 18. Oktober hat die oberste Verlagsspitze verkündet, dass alleine bei der Zeitung "Augsburger Allgemeine" in den Jahren 2013, 2014 und 2015 3,7 Millionen Euro weniger ausgegeben werden dürfen. Nach den aktuellen Plänen sind es in der gesamten Mediengruppe Pressedruck sogar zehn Millionen Euro, die eingespart werden sollen, um den Medienkonzern krisensicher zu machen.

Es war Alexandra Holland, die Erbin und in der Geschäftsführung verantwortlich für die Redaktion, die bei der Redaktionsversammlung von einem Blatt Papier abgelesen hat und dabei laut verkündete, wie schwer auch sie persönlich die Veränderungen treffen würden. "Sie würde eine gute Politikerin abgeben. Ich habe noch nie so viele Politikerphrasen auf Fragen gehört wie an diesem Abend", heißt es in Augsburg. "Als ob die Redaktion sie trösten müsse, als ob sie Angst um ihren Job haben müsste" - im Verlag sind sie wütend auf die mächtigste Frau der Fuggerstadt, die jetzt vor allem die jungen Mitarbeiter, die Volontäre, die Jung-Redakteure mit Zeitvertrag, im Stich lässt.

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Alexandra Holland ist die Tochter von Günter und Ellinor Holland. Der Glanz ihrer legendären Eltern, journalistische Verleger, wie sie im Buche stehen und von denen es heute nur noch wenige in Köln, München, Osnabrück oder auf dem Lande gibt, hat der 47-Jährigen immer wieder geholfen, trägt sie weiterhin. Aber wie lange noch? Manche Schuhe sind einfach sehr groß.

"Mit Frau Holland können sie wunderbar über Blumen, Arrangements, Tischdekorationen und die Sitzordnung der Gäste sprechen. Davon hat sie Ahnung, das macht ihr Spaß", sagt ein langjähriger Begleiter. Was er aber damit sagen will - vom Verlagsgeschäft hat sie wenig Ahnung, ihr fehlt, so ein Familienfreund, das Fachwissen und das "Bauchgefühl" bei wegweisenden Entscheidungen. "Ihre Eltern haben es ihr immer einfach gemacht, sie musste sich nie um etwas kümmern. Heute spielt sie Verlegerin“, heißt es aus dem inneren Führungskreis.

Ellinor Holland: Mutter mit Herz

Für Ellinor Holland, der Tochter von Verlagsgründer Curt Frenzel, stand immer der Betrieb im Mittelpunkt, das Wohl und Wehe der Mitarbeiter, die Gemeinschaft. Eine Frau mit Herz. Sie ließ ihren Ehemann Günter Holland schalten und walten, holte den früheren Redakteur der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" in die Chefredaktion, in die Geschäftsführung, beriet im Hintergrund.

Das ist aber Alexandra Hollands Sache nicht.

Günter und Ellinor Holland haben zwei Töchter, Ellinor, die mit Andreas Scherer, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung des Familienverlages verheiratet ist und sich liebevoll um die vier gemeinsamen Kinder kümmert, und halt Alexandra Holland, deren große Freude ihr vierbeiniger Freund Blümchen ist, der gerne davon läuft, wenn ihn Frauchen zu sehr kraulen möchte. Und die sich gerne und intensiv um das Privatvermögen, um die Anwesen in St. Tropez oder am Ammersee, kümmert, ein Jet-Set-Leben, das wenig Zeit lässt, sich in das anspruchsvolle Verlagswesen einzuarbeiten.

Alexandra Hollands Trumpf, den sie bei Sitzungen der Geschäftsführung einsetzt, ist, dass ihr die Hälfte des Verlages gehört. Das machte sie das eine oder andere Mal auch gegenüber ihrem Schwager deutlich, der seine Meriten beim Weka-Verlag erworben hat. Dann lässt Alexandra Holland Andreas Scherer auch "gerne mal ins Leere" laufen: "Sie ist hysterisch und cholerisch, hat Tobsuchtsanfälle und zwar vor allen Dingen dann, wenn jemand widerspricht, und nicht einfach das macht, was sie will." Das sei schließlich auch das Problem des geschassten AZ-Chefredakteurs Markus Günther gewesen.

Während Alexandra Holland sich im Licht der Öffentlichkeit sonnt, tritt Ellinor Scherer bescheiden auf, hält sich vornehm zurück. "Gegen ihre dominante Schwester kommt sie nicht an. Sie ist der Schreierei nicht gewachsen", so ein Verlagskenner.

Presseball mit Pop-Diva Nena

Wer im Augsburger Land etwas auf sich hält, Politiker, Verwaltungsfachleute, Industrielle und zu Geld gekommene Landwirte, packt an diesem Samstag sein schönstes Kleid aus seinem Eichenschrank hervor und chauffiert seinen Mercedes oder BMW zum Kongress am Park. Empfangen wird Tous-Augsburg von Alexandra Holland, der Verlegerin, der Partyveranstalterin, der Erbin. Es ist ihr Tag, ihr Abend, ihre Party, auf der Bühne darf die deutsche Pop-Diva Nena („Wunder geschehn“) singen, im Mittelpunkt steht - Alexandra Holland.

Zum ersten Mal werden sich die Mitarbeiter in Verlag und Redaktion fragen, wie lange sie noch eine Redaktionsbeauftragte haben werden, die lieber repräsentiert als sich um das Wohl und Wehe ihrer Zeitung zu kümmern, von deren überregionalen Ambitionen nur noch sehr wenig übrig geblieben ist.

Für den Presseball Augsburg gibt es noch Eintrittskarten.

Bülend Ürük

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