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Gabor Steingarts Geheimnisse

Gabor Steingarts Geheimnisse Wie tickt Gabor Steingart?

Vier Fragen und vier Antworten zum letzten Draufgänger der Branche. Von „kress pro“-Chefredakteur Markus Wiegand.

Berlin – Im aktuellen „kress pro“ stellt Chefredakteur Markus Wiegand vier Fragen zum letzten Draufgänger der Branche. Und gibt auch gleich die Antworten in seinem Editorial:

 

1. Warum ist Gabor Steingart besonders? 

Für alle Medienjournalisten ist Gabor Steingart ein Geschenk, er ist einer der letzten Stars der Branche. Niemand löst so viele Reaktionen aus wie er, niemand polarisiert so wie er. Den einen gibt er mit seiner Zuversicht den Berufsstolz zurück, andere sehen ihn als selbstverliebten Schaumschläger. Als er vor Jahren mal beim European Newspaper Congress in Wien als einer von 30 Rednern einen Vortrag hielt, sorgte nur einer für echte Begeisterung, vor allem bei den ausländischen Besuchern, die ihn nicht kannten: Steingart. In Deutschland nennen ihn inzwischen fast alle nur noch beim Vornamen, auch wenn sie ihn gar nicht kennen. Gabor ist selbst zur Marke geworden. 

 

2. Wie kamen „kress pro“ zum Interview und wie lief das Gespräch? 

Wir hatten einige Monate gebaggert, um das Interview mit ihm an Land zu ziehen. Steingart zierte sich lange, gerne hätte er noch ein wenig mit dem Gespräch gewartet. An einem warmen Sommertag Mitte August empfing uns der Medienpionier in seiner Redaktion in Berlin, die zwischen der Berliner Volksbank und einem Hutgeschäft nahe des Ku'damm liegt. Durch die Schaufenster kann man seiner Mannschaft beim Arbeiten zusehen. Steingart hat viel um die Ohren, die Arbeitstage sind lang. 16, 18 Stunden manchmal. Dennoch wirkt er entspannt, das konnte in seinen Zeiten bei der Handelsblatt Media Group auch mal anders sein. Das Interview ist dann anfangs überraschend schwierig. Bei konkreten Fragen nach Geschäftsmodell und Plänen weicht Steingart aus und antwortet mit Weisheiten zur Branche. Kürzlich zitierte Steingart in seinem „Morning Briefing“ Kurt Tucholsky. „Der Vorteil der Klugheit besteht darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger.“ Wir zählen ihn zu den Klugen.

 

3. Wird Steingarts Projekt ein Erfolg?

Ich glaube: ja. Er hat einen der besten Journalisten des Landes an Bord (wenn nicht den besten: nämlich sich selbst) und eines der technologisch besten Medienhäuser (wenn nicht das beste: nämlich Springer). Und es gibt eine Marktlücke für ein Angebot, das sich nicht nur über klassischen Journalismus definiert. In der kleinen Schweiz zeigte das Digitalmagazin „Republik“ vor  zwei Jahren, dass Menschen Teil eines Medienprojekts werden wollen, über das sie selbst bestimmen. Die große Frage lautet: Wie viele lassen sich tatsächlich dafür begeistern? Außerhalb der elitären Blase aus Medien-, Wirtschafts- und Politikentscheidern ist die Gruppe womöglich kleiner, als man denkt. Daher wird mitentscheidend sein, bei den Kosten nicht zu überziehen. Steingart würde diesen Einwand wohl als verzagt und kleinkariert empfinden. Manchmal wirkt er wie ein Künstler, der in seiner Dachkammer ein Kunstwerk malt und glaubt, dass es wegen seiner ausgesprochenen Schönheit auch einen Käufer finden wird. 

 

4. Wie tickt Steingart? 

Auf jeden Fall anders als die anderen. Er kann charmant sein und Menschen mit seiner Vision eines neuen Journalismus begeistern. Gleichzeitig hat er eine beinharte Seite, die verstört. Unvergessen: wie er den SPD-Politiker Martin Schulz wegen dessen früherer Alkoholsucht und fehlenden Abiturs niedermachte. Einmal ärgerte er sich vor Jahren über ein seiner Ansicht nach zu hart geführtes Interview von mir mit seinem neuen „Handelsblatt“-Chefredakteur Hans-Jürgen Jakobs. Erbost rief er beim Verleger an, steigerte sich in seinen Furor hinein und verhängte ein Hausverbot für den Autor. Das allerdings nahm er schon Minuten später zurück. Als man ihn Monate später auf einem Kongress in der Schweiz auf den Vorfall ansprach, sagte er: „Ach, Herr Wiegand: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.“ Nach dem Interview scherze ich mit seinen Mitarbeitern: „Es sind immer alle so freundlich, bevor wir über sie berichten.“ Daraufhin sagt Gabor Steingart zum Abschied: „Herr Wiegand, wir haben uns doch immer gut verstanden, oder?“

 

Save the date & Bewerbung. Merken Sie sich bitte den 26. bis 28. April 2020 vor. Dann findet im Schloss Schönbrunn in Wien der European Publishing Congress statt. Profis aus ganz Europa verraten, wie sie die Umwälzungen in der Branche angehen. Gabor Steingart kommt übrigens auch. Und wenn Sie hervorragende Zeitungen, Magazine, Digitalmedien oder Corporate Media verantworten und in Wien einen Preis abstauben möchten: Bewerben Sie sich!