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Journalismus-Projekt „Publix“ will Medienvielfalt stärken

Das maßgeblich von der Schöpflin-Stiftung getragene Projekt in Berlin geht nach zweijähriger Vorbereitung an den Start. „Wir wollen alle zusammenbringen, die an der Lösung der Krise der öffentlichen Kommunikation arbeiten“, sagt Intendantin Maria Exner.

Berlin (KNA) – Am 12. September geht in Berlin das Haus für Journalismus und Öffentlichkeit „Publix“ an den Start. Das Projekt in Berlin-Neukölln verstehe sich als „Innovationszentrum zur Stärkung von Medienvielfalt und Demokratie“, sagte „Publix“-Gründungsintendantin Maria Exner am Dienstag vor der Presse in Berlin. „Wir wollen alle zusammenbringen, die an der Lösung der Krise der öffentlichen Kommunikation arbeiten. ‚Publix‘ will die Rolle des Journalismus in der Demokratie stärken und die Rolle von Journalistinnen und Journalisten in diesem Zusammenhang neu definieren“, so die Exner, die bis 2022 in der Chefredaktion von Zeit Online und des „Zeit-Magazins“ arbeitete.

 

„Die Krise der Kommunikation vollzieht sich ähnlich wie der Klimawandel - sie verläuft langsam und war lange wenig sichtbar, hat aber potenziell fatale Folgen“, sagte Exner: „Immer mehr Menschen misstrauen oder ignorieren Qualitätsmedien, die lokale Vielfalt schwindet, Journalisten werden bedroht, Plattformen und Social-Media-Dienste dominieren die Aufmerksamkeit des Publikums.“ Auch für Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte existierten kaum mediale Qualitätsangebote - „mit negativen Folgen für Austausch und Integration“.

 

„Publix“ wolle hier „ein Haus der Zuversicht“ sein, sagte Exner, und Fenster bieten, in denen sich Initiativen und Allianzen vorstellen und zeigen könnten, „die etwas ändern wollen und nicht nur den Status quo beschreiben“. Der Neubau an der Neuköllner Hermannstraße bietet Veranstaltungsflächen, Büros, Co-Working-Spaces, Audio- und Videostudios sowie Übernachtungsateliers für auswärtige Gäste und Projektmitarbeitende. Die Kantine und der Garten mit Boule-Bahn - der in den Friedhof der Alten Jerusalem-Gemeinde übergeht - stehe allen, auch der Berliner Nachbarschaft offen, so Exner.

 

25 Millionen investiert

Der Aufbau von Publix und die Infrastruktur wurden von der Schöpflin-Stiftung finanziert, die sich bei Publix auch weiterhin engagiert. Stifter Hans Schöpflin bezifferte die bisherigen Investitionen für den Neubau mit rund 4000 Quadratmetern Nutzfläche sowie für die Konzeptions- und Vorbereitungsphase gegenüber der KNA auf über 25 Millionen Euro. Von Anfang an wurde das Projekt auch von der Stiftung Mercator Schweiz und der Zeit Stiftung Gerd Bucerius unterstützt.

 

Eine Hauptzielgruppe sind gemeinnützige Medieninitiativen, „Publix“ steht aber auch gewinnorientierten Unternehmen offen. Dazu gehört unter anderem ein Ableger des Münchner Verlags Wort & Bild („Apotheken-Umschau“) oder die auf Dokumentationen spezialisierte Filmproduktionsfirma TellMeWhy. Dazu kommen Initiativen wie die Lie Detectors, die in Schulen Medienkompetenz vermitteln und über Desinformation aufklären oder Tactical Tech, ein Projekt für kritisches Technologie-Denken. Bekannte große Partner aus dem Bereich Journalismus sind das gemeinnützige Recherche-Netzwerk Correctiv, das schon lange von der Schöpflin-Stiftung unterstützt wird, und die Organisation Reporter ohne Grenzen.

 

Zu zwei Dritteln aus Mieteinnahmen finanziert

Die Nutzung der Infrastruktur ist bei „Publix“ kostenpflichtig. Schon der Jahresetat 2024 werde zu zwei Dritteln aus Mieteinnahmen erzielt, den Rest schieße weiter die Schöpflin-Stiftung zu, so Exner. Die Kosten pro Arbeitsplatz betragen nach Publix-Angaben 250 bis 500 Euro pro Monat.

 

„Marktwirtschaftliche Akteure bekommen ein marktübliches Angebot, für gemeinnützige Projekte gibt es bis zu 30 Prozent Rabatt“, so Exner. Auch freie Journalistinnen und Journalisten können Ermäßigungen erhalten. Dabei verstehe sich „Publix“ als „sicheres Zuhause mit einer planbaren Nutzungsdauer ohne die am freien Markt übliche Gefahr einer plötzlichen Kündigung, wie sie gerade im harten Berliner Immobilienmarkt oft vorkommt“.

 

Für die Schöpflin-Stiftung sei es „immer wichtig, ein öffentliches Haus zu sein“, sagte deren Geschäftsführer Tim Göbel. „Hier kann jeder rein und mal gucken, ob sich Anknüpfungspunkte finden. Das gibt es bei einem klassischen Verlagshaus nicht.“

 

Dabei sei „Publix“ grundsätzlich für alle offen, „solange sie mit unserem Hauptzweck Journalismus zu tun haben“, so Exner. „Nein“ gesagt habe sie daher bei einer Tierschutzorganisation. Inhaltlich-redaktionell setze „Publix“ auf „Binnenpluralität, die auch in guten Redaktionen besteht“. Daher sei man auch offen für konservative Initiativen, sagte Exner.

 

Am Donnerstag startet der „Publix“-Betrieb mit einer Medien-Fachkonferenz, am Samstag ist dann ein „Open-House“-Tag geplant, an dem sich alle über das Haus und seine Projekte informieren können.