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Richtig schreiben für Journalisten: Wann aus dem Es eine Sie wird

Richtig schreiben für Journalisten: Wann aus dem Es eine Sie wird Stephan Töngi gibt Sprachtipps für Journalisten.

„Vorsicht, Sprachfalle!“ Teil 43: Stephan Töngi gibt Tipps für den richtigen Gebrauch der deutschen Sprache.

Mannheim – Dass Mädchen biologisch gesehen weiblichen Geschlechts sind, ist klar. Hingegen ist  das Substantiv „Mädchen“ grammatisch gesehen sächlich (Neutrum). Letzteres liegt am Suffix (angehängte Silbe) -chen, das ebenso wie -lein das Neutrum als Geschlecht festlegt.

Wir unterscheiden hier also zwischen natürlichem und grammatischem Geschlecht (Genus). In Relativsätzen ist das grammatische Geschlecht entscheidend: „Das Mädchen, das ...“

Beim Personal- und beim Possessivpronomen (persönliches und besitzanzeigendes Fürwort) ist Femininum oder Neutrum möglich.
Beispiel: „Das Mädchen spielt im Orchester. Es/Sie ist auch eine gute Sportlerin.“ 

„Die feminine Form“  wird laut Duden (Band 9) „besonders dann bevorzugt, wenn das Pronomen bzw. Artikelwort weiter entfernt steht.“ Dazu wird als Beispiel angeführt: „Das Mädchen fand rasch Freundinnen. Besonders bemühte sie sich um ihre Tischnachbarin.“  

Dieses Muster gilt auch für das Substantiv „Opfer“: Es ist wie Mädchen grammatisch Neutrum, kann aber ins Femininum oder Maskulinum umschwenken.
Beispiel aus einem dpa-Text: „Im Prozess gegen elf Männer, die ... in Freiburg eine 18-Jährige ... vor einer Disco vergewaltigt haben sollen, sagt am Mittwoch das Opfer vor dem Landgericht Freiburg aus. Für ihre Aussage will das Gericht die Öffentlichkeit von der Sitzung ausschließen.“
Nach diesem Schema kann auch ein maskulines besitzanzeigendes Fürwort (sein) gewählt werden, wenn das Opfer männlich ist.  

Ähnliches gilt auch etwa für die (grammatisch feminine) Geisel, die bei entsprechendem natürlichem Geschlecht auch mit Maskulinum aufgegriffen werden kann. Etwa: „Die Geisel Peter W. entkam nach drei Stunden seinen Peinigern.“

 

Am nächsten Freitag geht es um dank/Dank.
Der vorvergangene Freitag widmete sich den -Jährigen.

 

Stephan Töngi ist beim „Mannheimer Morgen“ für die Qualitätssicherung zuständig. Zuvor arbeitete er in der Politikredaktion als Redakteur sowie stellvertretender Ressortleiter. Bei seiner Tätigkeit begegnen ihm typische Schreib-, Grammatik- und Zeichensetzungsfehler. Mit seiner wöchentlichen Kolumne möchte er Kolleginnen und Kollegen davor bewahren, in die Fallen der deutschen Sprache zu tappen.

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