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Richtig schreiben für Journalistinnen und Journalisten: „Das füg auch keinem andern zu!“

Richtig schreiben für Journalistinnen und Journalisten: „Das füg auch keinem andern zu!“ Stephan Töngi gibt Sprachtipps für Journalistinnen und Journalisten.

„Vorsicht, Sprachfalle!“ Teil 118: Stephan Töngi gerät immer wieder an falsche Imperative (Befehlsformen).

Mannheim – Das Leben ist voller Imperative (von lateinisch imperare = befehlen). Etwa wenn Larissa ihrem Bräutigam Christopher zuruft: „Pack die Ringe ein!“

 

Nicht immer wird die Befehlsform korrekt gebildet. Das habe ich dazu gefunden (unterstrichen = falsch):

1. „Bitte werfe den ausgefüllten Meldeschein in unseren Briefkasten“

2. „Bitte entnehme die Fahrzeiten und Haltestellen den Fahrplantafeln an der jeweiligen Haltestelle“

3.  „Falls du frische Handtücher benötigst, gebe deine benutzten bitte in die dafür vorgesehene Handtuchtasche in deinem Zimmer“

 

Diese drei auf der Homepage eines Hotels höflich formulierten Aufforderungen haben eines gemeinsam: Nicht dass ich auf das jeweils fehlende Ausrufezeichen hinauswollte. Mir geht es um die falsch gebildeten Formen des Imperativs, also der Befehlsform.

 

Richtig muss es im Singular (Einzahl) heißen:

1. Werfen – wirf!

2. Entnehmen – entnimm!

3. Geben – gib!

 

Und warum ist das so? Der Imperativ tritt nur in der 2. Person Singular (Einzahl: Bleib hier!) beziehungsweise Plural (Mehrzahl: Bleibt hier!) sowie in der Höflichkeitsform (Bleiben Sie hier!) auf. 


Ausgangspunkt bei der Bildung dieser Befehlsform ist der Präsensstamm des Verbs. Bei den meisten Verben sind laut Grammatik-Duden Imperativformen mit -e oder ohne -e möglich: leb(e)! geh(e)! schick(e)! lern(e)!


Die Form auf -e gehört zum gehobenen Sprachstil.

 

Und wo liegt der Fehler bei den drei Sätzen vom Anfang? Starke Verben*, die im Präsensstamm zwischen -i- und -e- wechseln (geben – ich gebe – du gibst, er gibt), bilden den Imperativ im Singular mit -i- beziehungsweise -ie- und ohne die e-Endung.

 

Beispiele: gib! hilf! iss! sprich! nimm!, lies!, sieh! (Grammatik-Duden).

 

Beispiele für einen Imperativ im Singular: 
Jesus sagt zu dem von ihm geheilten Lahmen: „Steh auf, nimm dein Bett und geh!“ (Johannes 5, 8) 
„Was du nicht willst, dass man dir tu‘, das füg auch keinem andern zu!“ (Sprichwort)

„Zeig der Welt, dass du besser bist als Messi!“ (Bundestrainer Joachim Löw 2014 im Finale der Fußball-WM Deutschland gegen Argentinien zu Mario Götze bei dessen Einwechslung)

 

* Starke Verben (wie singen oder sinken) haben im Präteritum (Vergangenheit) und teils auch im Partizip II einen anderen Stammvokal als im Infinitiv.

 

In Sprachfalle 117 begegneten uns Dick und Doof.

Sprachfalle 119 beschäftigt sich mit Farben.

 

Stephan Töngi war beim „Mannheimer Morgen“ zuletzt für die Qualitätssicherung zuständig. Zuvor arbeitete er als Redakteur, später stellvertretender Ressortleiter in der Politikredaktion. Bei seiner Tätigkeit begegneten ihm typische Schreib-, Grammatik- und Zeichensetzungsfehler. Mit seiner wöchentlichen Kolumne möchte er Kolleginnen und Kollegen davor bewahren, in die Fallen der deutschen Sprache zu tappen.

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