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Richtig schreiben für Journalistinnen und Journalisten: Marmor, Stein und Eisen

Richtig schreiben für Journalistinnen und Journalisten: Marmor, Stein und Eisen Stephan Töngi gibt Sprachtipps für Journalistinnen und Journalisten.

„Vorsicht, Sprachfalle!“ Teil 115: Stephan Töngi beschäftigt sich mit prominenten Sprachauffälligkeiten.

Mannheim – Vor ein paar Wochen lief in der ARD nach 19 Jahren die letzte Folge einer Dauer-Serie mit Nina Hoger und Fritz Wepper. Aus sprachpflegerischer Sicht ist das wenig bedauerlich. „Um Gottes Willen“ hieß die Komödie, in deren Titel ein Schreibfehler schlummert: Die Präposition „willen“, die immer einen Grund angibt und nach der ein Genitiv (Wessen-Fall) steht, muss kleingeschrieben werden. Großgeschrieben wird hingegen das Substantiv der Wil­le (selten Wil­len).

 

Beispiele:
Die Frau gab nach um des lieben Friedens willen.
Der Vater verzichtete um der Kinder willen auf Alkohol und Zigaretten.

 

Der Schreibfehler im Titel der in Bayern spielenden Erfolgsserie erinnert an einen Fehler in einem Erfolgsschlager, der ebenfalls mit dem Freistaat in Verbindung steht: „Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht“ sang Drafi Deutscher in den 1960er-Jahren. Dieser Teil des Textes stammte nicht von Deutscher, er hatte nur das Füllsel „dam dam“ beigesteuert. 


In Bayern half ihm das wenig, der Titel durfte im dortigen Rundfunk nicht aufgelegt werden – wegen des Grammatikfehlers: Drei Substantive (Marmor, Stein und Eisen) verlangen, dass das Prädikat in den Plural gesetzt wird (also: brechen).

 

Sprachexperte Bastian Sick hält dagegen und spricht der Poesie erweiterte Freiheiten zu: etwa im Kinderlied „Hänschenklein“, in dem es heißt „Stock und Hut steht ihm gut“ statt „stehen ihm gut“. Oder in Redewendungen wie „Gleich und gleich gesellt sich gern“ oder „Da ist Hopfen und Malz verloren“.

 

Er hätte auch den Anhang an das Vaterunser zitieren können: „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit ...“

 

Die Aufregung von damals kann man ein halbes Jahrhundert später kaum noch nachvollziehen.  

In Sprachfalle 116 geht die Flagge auf halbmast.
Nummer 114 klärt, ob es „hat gewinkt“ oder „hat gewunken“ heißt – oder beides möglich ist. 


Stephan Töngi war beim „Mannheimer Morgen“ zuletzt für die Qualitätssicherung zuständig. Zuvor arbeitete er als Redakteur, später stellvertretender Ressortleiter in der Politikredaktion. Bei seiner Tätigkeit begegneten ihm typische Schreib-, Grammatik- und Zeichensetzungsfehler. Mit seiner wöchentlichen Kolumne möchte er Kolleginnen und Kollegen davor bewahren, in die Fallen der deutschen Sprache zu tappen.

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