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Ideen- und Schreibblockade: Das hilft, wenn Journalistinnen und Journalisten nichts mehr einfällt

Angst vor Themenkonferenzen, und dann ewig an einem Text sitzen: Viele Medienprofis leiden regelmäßig an einer Ideen- und Schreibblockade. Das führt zu unnötigem Stress und Ärger. Mediencoach Attila Albert sagt, wie man das umgeht.

Berlin – Die Redakteurin einer Tageszeitung konnte abends häufig kaum einschlafen. Der Gedanke an die morgendliche Themenkonferenz am Folgetag hielt sie wach. Es fiel ihr schwer, auf immer neue Ideen für ihre Angebote zu kommen – und je mehr sie darüber grübelte, desto leerer fühlte sich ihr Kopf an. Ähnlich ging es einem freien Korrespondenten: Seine Redaktionen zahlten oft sowieso nur 150 bis 250 Euro für einen langen Text. Daran saß er manchmal mehr als 20 Arbeitsstunden, weil ihm nichts wirklich einfiel – was auf Dauer zu einem viel zu niedrigen Umsatz führte.

 

Ideen- und Schreibblockaden sind ein Problem, von dem Medienprofis häufig berichten: In einem interessanten Beitrag beschrieb Spiegel-Journalist Marc Pitzke gerade seine Erfahrungen damit. Der Stress kann an sich schon unangenehm sein, verspätete Lieferung zu Problemen mit Chefs bzw. Kunden führen. Wer ewig an einem Text arbeitet, aber zu einem Festpreis (statt Stundensatz) bezahlt wird, verdient bald zu wenig. Was aber tun, wenn einem nichts mehr einfällt? Dazu heute einige Anregungen, die sich über redaktionelle Textarbeiten hinaus auch auf Exposés, Konzepte und Präsentationen übertragen lassen.

 

 

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Die Herausforderung kann ich durchaus nachvollziehen. Selbst schreibe ich seit 1989 Artikel und Gastbeiträge, weit überwiegend tagesaktuell in durchaus fordernden Redaktionen (Bild, Blick). Seit 2016 – neben meinen Coachings und Workshops – zudem diese wöchentliche Kolumne und zwei Bücher, drei weitere sind für 2022/23 gerade in Arbeit. Im Laufe der Berufsjahre habe ich für mich einen Arbeitsstil gefunden, der für mich funktioniert und mir empfehlenswert erscheint, wenn es nicht um Texte geht, die sowieso von der Aktualität angestoßen und getrieben werden.

 

1. Inspiration: Ideen schnell notieren

In den flüchtigen Momenten, in denen ich mich inspiriert fühle, notiere ich sofort alles, was mir einfällt und potenziell brauchbar erscheint. Einzelne Ideen, gute Formulierungen, eine mögliche logische Struktur in Stichpunkten. Diese Einfälle kommen mir manchmal am Schreibtisch, häufiger aber unerwartet und anderswo – in Bus oder Bahn, beim Essen oder Einkaufen, beim Lesen oder Musikhören. Ich habe mir deshalb ein Google-Dokument für Ideen angelegt und auf der Startseite meines Handys verlinkt. Darin notiere ich alles und kann es später direkt verwenden, ohne es erst von Notizzetteln abtippen zu müssen.

 

Tipp: Ideen lassen sich nur begrenzt erzwingen, auch wenn man den Prozess bis zu einem gewissen Grad anregen kann (z.B. mit einem Brainstorming). Notieren und sichern Sie deshalb jeden Ihrer Einfälle sofort, auch wenn der spätere Einsatz noch unklar ist.

 

2. Ausarbeitung: Notierte Ideen erweitern

Dann gibt es die Phasen, in denen ich selbst spüre, dass mir wohl nicht viel Originelles einfallen wird. Diese nutze ich, um meine notierten Ideen in Form zu bringen. Ich beseitige die Tippfehler, vervollständige die Sätze, ordnet sie logisch. Suche danach zusätzlich benötigte Informationen heraus, ergänze schon einmal die Standards. Im aktuellen Bereich käme hier die weitere Recherche bzw. das Einholen von Zitaten. Schritt für Schritt wächst so schon der größte Teil des Textes. Das ist keine sehr kreative Arbeit, eher professionelle Disziplin. Mich motiviert dabei ein Espresso, etwas Süßes und Musik auf den Kopfhörern.

 

Tipp: Halten Sie sich nicht ewig mit Texteinstiegen auf, wenn Ihnen spontan keine gute Idee kommt. So verlieren Sie unnötig viel Zeit. Schreiben Sie zuerst das Mittelstück, die 80 Prozent der benötigten Textlänge. Einstieg und Abschluss sind dann schnell ergänzt.

 

3. Erholung: Neue Kraft und Ideen sammeln

Schließlich gibt es die Phasen, in denen ich müde bin und weder Ideen noch Disziplin habe. Darüber ärgere ich mich nicht oder mache mir Vorwürfe, sondern sehe sie als Teil des Arbeitsprozesses: Ein Hinweis, dass jetzt Erholung nötig ist. Dann gehe ich einmal aus dem Haus oder in die Kantine, nach Feierabend vielleicht spazieren, zum Sport, in ein Café oder zu einer Veranstaltung. Entscheidend: Etwas Neues sehen, lesen und hören. Setzen Sie sich regelmäßig anderen Ideen, Gedanken und Ansichten als Ihren eigenen aus. Nichts erfrischt Sie mehr und verhindert effektiver, dass Sie kreativ oder intellektuell verarmen.

 

Tipp: Erkennen Sie die Signale, dass Sie müde sind (z.B. zielloses Surfen im Internet, fruchtlose Online-Diskussionen) und finden Sie Alternativen, bei denen Sie sich tatsächlich erholen. Wichtig vor allem aber: Planen Sie Erholungszeiten überhaupt ein.

 

Im Laufe eines Berufsleben schält sich für jeden Medienprofi heraus, wie er am besten arbeitet und was weniger gut passt. Ich habe beim Schreiben gern Menschen um mich, weil mir schon das gelegentliche Aufblicken und Beobachten neue Ideen gibt. Zu laut und unruhig sollte es allerdings nicht sein, vor allem für die Strukturierung eines sehr langen Beitrages (z.B. mehrseitiger Magazinbeitrag) oder für Lektoratsarbeiten. Und lieber nachmittags und abends. Andere arbeiten lieber frühmorgens, allein still daheim.

 

Bei keiner Tätigkeit, freiberuflich oder angestellt, lässt sich vollständig dem eigenen Rhythmus folgen, und nicht jedes beauftragte Thema wird Sie brennend interessieren. Manche Medienprofis werden sogar langsamer, wenn sie das Thema fesselt oder persönlich betrifft. Gleichwohl lässt sich mit gewissen Anpassungen langfristig ein Arbeitsstil einrichten, der zu Ihnen passt. Unabhängig davon kann es natürlich dazu kommen, dass ein Themengebiet für sie erschöpft, „auserzählt“ ist. Auch das ist normal – und ein Hinweis, dass ein Ressort-, Redaktions- oder Ortswechsel fällig ist.

 

Zur vergangenen Job-Kolumne:  Hilfe, alle wollen was von mir!

 

Zum Autor: Karriere-Coach Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der „Freien Presse“, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org.