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Richtig schreiben für Journalisten: Schlankheitstipp Nummer 3

Richtig schreiben für Journalisten: Schlankheitstipp Nummer 3 Stephan Töngi gibt Sprachtipps für Journalisten.

„Vorsicht, Sprachfalle!“ Teil 49: Stephan Töngi gibt Tipps für den richtigen Gebrauch der deutschen Sprache. Heute schließt er seine Sammlung von Überflüssigem ab.

Mannheim – Warum umständlich, wenn es auch einfach geht? Daher plädiere ich dafür, bestimmte Wörter zu hinterfragen und auf unnütze Begriffe zu verzichten – Lese- und Schreibfluss werden es Ihnen danken. Hier wie schon in den Kolumnen 47 und 48 führe ich Formulierungen auf, die mir bei meiner Arbeit immer wieder begegnen – und Schreiber wie (Gegen-)Leser unnötig aufhalten. 

Erst kommt gefettet das unnötige oder überladene Wort, danach folgen in Normalschrift Beispiele und kursiv die Erläuterung. 

Überwiegend: 
„Zwar steht das Urteil noch aus, allerdings orientieren sich die EuGH-Richter in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle an den Gutachten der Generalanwälte.“
Begründung: Die Mehrzahl überwiegt immer. Gemeint ist möglicherweise die überwältigende Mehrzahl. (Vgl. dazu Kolumne 32)
 
Und außerdem: 
„Und außerdem wollten die Sicherheitsbehörden verhindern, dass sie auch künftig keinen Zugriff auf die Online-Kommunikation haben.„
Begründung: Entweder „und" oder „außerdem" – alles andere ist doppelt gemoppelt, wie man früher sagte. 

Verschieden: 
„Da auf Hessens Autobahnen viele ausländische Fernfahrer unterwegs sind, werden die Warnfunksprüche in acht verschiedenen Sprachen gesendet.“
Begründung: Acht Sprachen sind verschieden, das braucht nicht mehr betont zu werden.
 
Vorprogrammieren:
„Diese Niederlage war vorprogrammiert." 
Begründung: Die deutsche Vorsilbe „vor-" entspricht der lateinischen „pro-“.
 
Weiter beibehalten/bleiben: 
„Auch die Blockabfertigung von Lastwagen an der Grenze will Tirol weiter beibehalten.“ 
Begründung: Das Verb „beibehalten“ beinhaltet schon „weiter“.  (Vgl. dazu Newsletter 27)
 
Zuerst ... und dann/und anschließend …: 
„Nach dem Stand der Erkenntnisse habe der 69 Jahre alte Wohnungsinhaber die 57-jährige Frau und dann sich erschossen.„
oder: 
„Ein 54-Jähriger soll in Bergkamen  seine Ehefrau und anschließend sich selbst getötet haben.“
Begründung: Beim Mord plus Selbstmord muss der Suizid – man ahnt es – nach dem Mord erfolgt sein.
 
Zukunftsperspektive
„Der seit Monaten ums Überleben kämpfende Modehersteller Gerry Weber hat wieder eine Zukunftsperspektive.“  
oder:
„Die deutschen Sozialdemokraten sind völlig gespalten und haben nun mehr denn je eine extrem düstere Zukunftsperspektive.“
Begründung: Die Perspektive ist – anders als die Retrospektive – nach vorn, also in die Zukunft gerichtet. 

Zurückerinnern: 
„Ich erinnere mich gerne zurück ...“
Begründung: Während die Perspektive nach vorn weist, führt die Erinnerung automatisch zurück in die Vergangenheit. 

Zuständig
„Die zuständige Richterin Winifred Smith senkte den Schadenersatz.“
oder:   
„Am Nieder-Mooser-See (Vogelsbergkreis) riet das zuständige Gesundheitsamt ebenfalls vom Baden ab.“
oder:
„Das schwer verletzte Opfer sei bisher nicht vernehmungsfähig, sagte Rudolf Biehlmaier vom zuständigen Polizeipräsidium Aalen.“
oder:
„Hessens Verbraucherschutzministerin Priska Hinz (Grüne) wirft dem zuständigen Landkreis Waldeck-Frankenberg erhebliche Versäumnisse bei den Lebensmittelkontrollen vor.“
oder:
„Das bestätigte am Mittwoch das zuständige Regierungspräsidium in Karlsruhe.“
Begründung: Wären Richterin, Amt, Landkreis oder Regierungspräsidium nicht zuständig, hätten sie hier nichts zu sagen und wären fehl am Platze. 

 

Am nächsten Freitag  geht es um wert/Wert.

Der vergangene Freitag widmete sich Teil 2 der Abnehmkur. (Vgl. dazu auch die Kolumnen 27 und 34)

 

Stephan Töngi ist beim „Mannheimer Morgen“ für die Qualitätssicherung zuständig. Zuvor arbeitete er in der Politikredaktion als Redakteur sowie stellvertretender Ressortleiter. Bei seiner Tätigkeit begegnen ihm typische Schreib-, Grammatik- und Zeichensetzungsfehler. Mit seiner wöchentlichen Kolumne möchte er Kolleginnen und Kollegen davor bewahren, in die Fallen der deutschen Sprache zu tappen.

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